Beschlussfassung Erbengemeinschaft

Ob Vermietung einer Nachlassimmobilie oder Verkauf einzelner Nachlassgegenstände – im Rahmen der gemeinschaftlichen Verwaltung muss die Erbengemeinschaft immer wieder Beschlüsse fassen und einen Konsens finden, je nach Maßnahme sogar einstimmig. Wir erläutern die wichtigsten Aspekte rund die Abstimmung unter Miterben.

Inhaltsverzeichnis

Beschlüsse in der Erbengemeinschaft

Alle Miterben einer Erbengemeinschaft sind angehalten, an der Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken. Im Rahmen der gemeinschaftlichen Verwaltung müssen auch Beschlüsse gefasst werden. Welche Stimmenmehrheit erforderlich ist, hängt von der jeweiligen Maßnahme ab und wie sie im Rahmen der Verwaltung einzuordnen ist.

Was hat es mit der Beschlussfassung in der Erbengemeinschaft auf sich?

Bei der Erbengemeinschaft handelt es sich um eine Gesamthandsgemeinschaft. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Nachlass allen Miterben gemeinsam gehört. Sie müssen diesen darum bis zur Auseinandersetzung und der damit vorhandenen Auflösung der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich verwalten, was unter anderem Abstimmungen über bestimmte Maßnahmen zum Erhalt des Nachlasses oder auch über die Verfügung über Nachlassgegenstände beinhaltet.

Da die Erbauseinandersetzung sich oft über Jahre hinzieht, spielen Beschlüsse der Miterben – insbesondere bei komplexen Nachlässen, die beispielsweise mehrere Immobilien umfassen – eine wichtige Rolle.

Die Beschlussfassung in der Erbengemeinschaft

Das deutsche Erbrecht sieht keine konkreten Formvorschriften für Beschlüsse der Erbengemeinschaft vor. Sie kann also auch durch mündliche Absprache am Telefon oder im Umlaufverfahren erfolgen. Es ist also nicht erforderlich, dass alle Miterben bei Beschlüssen anwesend sind. Zu Beweiszwecken ist es aber generell sinnvoll, diese schriftlich zu dokumentieren.

Wie wird die Stimmenmehrheit ermittelt – pro Kopf oder nach Erbteil?

Bei Beschlüssen der Erbengemeinschaft kommt es auf die Erbquote an, da diese über das Stimmgewicht entscheidet. Entscheidungen werden mit einfacher Stimmenmehrheit getroffen, § 2038 Absatz 2 und § 745 Absatz 1 BGB. Miterben haben also teilweise unterschiedlich großen Einfluss bei den Abstimmungen. 

Wer darf mit abstimmen?

Es dürfen nur diejenigen Miterben über eine Verwaltungsmaßnahme abstimmen, die sich hinsichtlich des Beschlusses nicht in einem Interessenkonflikt befinden. Ist dies der Fall, haben sie bei dieser konkreten Abstimmung kein Stimmrecht. Ein Beispiel: Soll darüber abgestimmt werden, dass die Erbengemeinschaft finanzielle Forderungen an einen Miterben stellt, bleibt die betreffende Person bei der Abstimmung außen vor.

Gleiches gilt für Miterben, die sich haben auszahlen lassen. Auch Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte dürfen nicht mit abstimmen. Gut zu wissen: Miterben können sich auch bei Abstimmungen durch andere Miterben oder Dritte vertreten lassen. Gehören Minderjährige zu den Miterben, stimmen die Eltern für sie ab, manchmal muss dabei zusätzlich auch ein Gericht angerufen werden.

Wie hängen Beschlussfassung und Nachlassverwaltung zusammen?

Welche Vorgaben für rechtswirksame Beschlüsse der Erbengemeinschaft gelten, hängt von der Art der gemeinschaftlichen Verwaltung ab, unter die eine bestimmte Maßnahme fällt. Die drei Varianten im Überblick:

• Ordnungsgemäße Verwaltung

Die ordnungsgemäße Verwaltung gemäß §§ 2038 Absatz 2, 745 Absatz 1 BGB umfasst Maßnahmen, die für den Erhalt des Nachlasses erforderlich sind, aber nicht zwingend sofort durchgeführt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise Instandhaltungsarbeiten an einer geerbten Immobilie oder der Abschluss eines Mietvertrages, wenn die Erbengemeinschaft als Vermieter tätig ist. Für solche Maßnahmen ist ein einfacher Mehrheitsbeschluss erforderlich.

• Notwendige Verwaltung

Muss eine Maßnahme umgehend durchgeführt werden, da sonst eine Beschädigung eines Nachlassgegenstands droht, können Miterben allein und ohne Mehrheitsbeschluss handeln. Ein Beispiel hierfür ist die Reparatur eines Wasserrohrbruchs an einer Immobilie. Damit trägt der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung, dass in solchen Fällen möglicherweise zu wenig Zeit bleibt, um sich mit den Miterben über die Durchführung der dringend erforderlichen Maßnahme zu einigen.

• Außerordentliche Verwaltung

Geht eine Verwaltungsmaßnahme über das Maß der ordnungsgemäßen Verwaltung hinaus – etwa der Verkauf der einzigen Immobilie im Nachlass – gelten für sie gemäß § 2038 Absatz 1 BGB die Vorgaben zur außerordentlichen Verwaltung. Diese sehen Einstimmigkeit bei Maßnahmen vor, die den Nachlass in bedeutender Weise betreffen.

Ein Beispiel: Gehört eine Wohnung zum Nachlass und soll diese verkauft werden, muss hierzu einstimmig ein Beschluss gefasst werden. Gehören mehrere Wohnungen zum Nachlass, fällt der Verkauf einer einzelnen Wohnung möglicherweise unter die ordnungsgemäße Verwaltung, wofür ein Mehrheitsbeschluss ausreichen würde. Der Grund: In diesem Fall hätte die Wohnung nicht die herausragende wirtschaftliche Bedeutung für die Miterben, wie es bei nur einer Wohnung im Nachlass der Fall wäre.

Können Miterben gegen Mehrheitsbeschlüsse vorgehen?

Miterben, die im Rahmen der Verwaltung bei einem Beschluss überstimmt werden, können sich gegen diesen zur Wehr setzen. Das ist beispielsweise möglich, wenn die Abstimmung nicht korrekt erfolgte oder wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die unter die außerordentliche Verwaltung fällt und somit Einstimmigkeit erfordert.

In diesem Fall können überstimmte Miterben beim zuständigen Gericht Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des betreffenden Beschlusses einreichen. Steht die Umsetzung der beschlossenen Maßnahme direkt bevor, kann ein Miterbe bei Gericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen. Dann muss die Umsetzung des Beschlusses solange ruhen, bis die Rechtslage geklärt ist. 

Wann ist ein Beschluss der Erbengemeinschaft nichtig?

Um einen nichtigen Beschluss handelt es sich beispielsweise dann, wenn nachweislich Miterben an der Abstimmung beteiligt waren, bei denen ein Interessenkonflikt vorliegt und die somit von der Abstimmung ausgeschlossen wären. 

Was tun, wenn die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird?

Die Erbengemeinschaft ist nicht befugt, gegenüber Dritten Rechtsgeschäfte zu tätigen, wenn die für eine bestimmte Maßnahme erforderliche Mehrheit nicht zustande kommt. Liegt dies daran, dass ein Miterbe seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, können die anderen Erben eine Mitwirkungsklage einreichen. Geht es beispielsweise darum, eine Immobilie zu verkaufen, könnten die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft den Verkauf über eine Teilungsversteigerung herbeiführen. Dieser Ausweg erweist sich jedoch üblicherweise als ungünstig für alle Beteiligten.

Tipp: Weitere Informationen zu diesem Ausweg bei fehlender Einstimmigkeit finden Sie in unseren Beiträgen zur Teilungs- und Zwangsversteigerung. Ein zweiter Ausweg ist der Erbteilsverkauf, wodurch Sie Ihren Anteil am Erbe in in liquides Vermögen umwandeln können, ohne sich mit der Erbengemeinschaft auseinandersetzen zu müssen.

Was tun, wenn Miterben nicht an Beschlüssen teilnehmen?

Jeder Miterbe hat seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen der Nachlassverwaltung nachzukommen. Wer dies nicht tut, macht sich gegebenenfalls gemäß § 2038 Absatz 1 Satz 2 und § 280 BGB schadenersatzpflichtig, wenn dies zu einem Schaden führt.

Wann ist kein Beschluss der Erbengemeinschaft nötig?

Dies ist nur bei der notwendigen Verwaltung möglich: Handelt es sich um eine Maßnahme der Notgeschäftsführung, bei der ein Aufschub zu einem Schaden am Nachlass führen würde, sind Miterben befugt, allein zu handeln – also ohne Zustimmung der Miterben. Das Erbrecht sieht für diesen Sonderfall vor, dass die Miterben auch ohne Beschluss der Erbengemeinschaft agieren können. 

Fazit

Die Erbengemeinschaft muss sich im Rahmen der Nachlassverwaltung immer wieder auf die eine oder andere Maßnahme verständigen. Das kann sich als zeitraubend und lästig erweisen – vor allem dann, wenn einzelne Miterben eine Blockadehaltung einnehmen und Einstimmigkeit erforderlich ist. Einen Ausweg bietet dann beispielsweise der Erbteilsverkauf.

Das Deutsche Erbenzentrum führt keine Rechtsberatung durch. Gerne helfen wir Ihnen aber bei der Suche nach einem Rechtsanwalt.

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