Erbfolge ohne Testament

Nicht jeder befasst sich zu Lebzeiten damit, was später einmal mit seinem Vermögen passieren soll. Was kommt dann auf die Erben zu? Wie ist die Erbfolge ohne Testament geregelt? Was hat der Güterstand der Ehe eines Verstorbenen mit dem Erbteil zu tun? Wir haben die Antworten auf diese und weitere Fragen zum Thema.

Inhaltsverzeichnis

Wie ist die Erbfolge ohne Testament?

Das deutsche Erbrecht sieht nicht vor, dass Erblasser die Erbfolge mit einem Testament regeln müssen. Somit passiert es häufig, dass im Erbfall keine letztwillige Verfügung vorliegt, wie Testament und Erbvertrag auch bezeichnet werden. In diesem Fall kommt die gesetzliche Erbfolge gemäß § 1923 ff. BGB zum Tragen. Anhand der Vorgaben lässt sich jeweils ermitteln, welche Hinterbliebenen erben und welche per Gesetz leer ausgehen. Dabei wird zwischen dem Verwandten- und dem Ehegattenerbrecht unterschieden.

Wie werden Verwandte im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt?

Vereinfacht gesprochen ist es für Angehörige umso wahrscheinlicher, dass sie zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, je enger ihr Verwandtschaftsgrad zum Erblasser war. Das Erbrecht sieht eine Unterteilung der Verwandten in folgende Gruppen vor:

• Erben erster Ordnung (§ 1924 BGB)

Erben der 1. Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also die Kinder – und falls diese nicht mehr leben, auch Enkel (oder sogar Urenkel, falls auch die Enkel bereits verstorben sind). Zu ihnen werden auch Adoptivkinder sowie nichteheliche Kinder gerechnet, Stiefkinder hingegen nicht.

• Erben zweiter Ordnung (§ 1925 BGB)

Zu den Erben der 2. Ordnung gehören die Eltern sowie deren Abkömmlinge (also Geschwister, Neffen, Nichten, Großneffen, Großnichten des Erblassers). Sofern die Eltern noch leben, erben deren Nachkommen jedoch nicht.

• Erben dritter Ordnung (§ 1926 BGB)

Als Erben 3. Ordnung gelten die Großeltern und deren Nachkommen – also die Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Erblassers. Auch hier gilt: Leben die Großeltern noch, erben deren Abkömmlinge nichts.

Erben vierter Ordnung (§ 1928 BGB)

Erben 4. Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers – und falls sie bereits verstorben sind, deren Nachkommen.

• Erben fünfter Ordnung (§ 1929 BGB)

Zu diesem Personenkreis gehören die Ur-Urgroßeltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge.

Grundsätzlich gilt gemäß dem in § 1930 BGB festgelegten Parentelsystem, dass Verwandte einer Ordnung erst dann erben, wenn die Erben der vorangehenden Ordnung nicht mehr leben.

Wie ist die Erbfolge ohne Testament bei Ehegatten geregelt?

Das Erbrecht stellt mit der gesetzlichen Erbfolge auf das Verwandtschaftsverhältnis der Erben zum Erblasser ab. Demnach ist es mit steigendem Verwandtschaftsgrad umso wahrscheinlicher, am Erbe beteiligt zu werden. Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sieht das Erbrecht mit § 1931 BGB ein Sondererbrecht für Ehegatten vor. Es bewirkt, dass ihnen stets ein Anteil am Nachlass zusteht. Wie hoch dieser ist, hängt vom Güterstand der Ehe sowie von der Familienkonstellation ab. Die möglichen Erbquoten im Überblick:

  • Hinterlässt der Erblasser keine Verwandten erster und zweiter Ordnung, geht der Nachlass komplett an den Ehegatten. Dieser wird damit Alleinerbe, § 1931 Absatz 2 BGB.
  • Gibt es Erben zweiter Ordnung, steht dem Ehegatten mindestens die Hälfte des Nachlasses zu und es entsteht eine Erbengemeinschaft, § 1931 Absatz 1 Satz 1 BGB.
  • Gibt es Erben erster Ordnung, steht dem Ehegatten mindestens ein Viertel des Nachlasses zu. Die Höhe der Erbquote ergibt sich aus dem Güterstand der Eheleute, § 1931 Absatz 1 Satz 1 BGB.

Achtung! Viele Ehepaare gehen davon aus, dass der Ehegatte grundsätzlich Alleinerbe wird – unabhängig davon, ob es Erben erster oder weiterer Ordnungen gibt. Das ist jedoch falsch. Mit einem Berliner Testament können sie jedoch Vorsorge treffen und sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen.

Tipp: Lesen Sie in unserem Beitrag zum Berliner Testament, wie Ehegatten zum Beispiel Streit des überlebenden Ehepartners mit den Kindern um die gemeinsame Immobilie verhindern können. 

Wie beeinflusst der Güterstand der Ehe des Erblassers die Erbquoten?

Die gesetzliche Erbfolge ist nicht davon abhängig, welcher Güterstand für die Ehe des Erblassers stand, sofern er verheiratet war. Allerdings wirkt er sich folgendermaßen auf die Erbquoten aus:

• Zugewinngemeinschaft

Haben die Ehegatten nichts vereinbart, gilt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft, § 1363 Absatz 1 BGB. In diesem Fall erhält der Ehegatte bei Tod seines Partners ein Viertel des Nachlasses – plus ein weiteres Viertel als pauschalen Zugewinnausgleich, also die Hälfte des gesamten Nachlasses. War das Ehepaar kinderlos, erbt der Ehegatte drei Viertel des Nachlasses und das verbleibende Viertel geht an die Erben zweiter Ordnung. Gibt es Kinder, erhält der Ehegatte die Hälfte und die Kinder werden zu gleichen Teilen am übrigen Nachlass beteiligt. Bei zwei Kindern wäre dies jeweils ein Viertel des Nachlasses.

• Gütertrennung

Hat sich ein Ehepaar für die Gütertrennung entschieden und dies auch beim Notar beurkunden lassen, gilt eine andere Erbquote für die Ehegatten: War die Ehe kinderlos, erhält der hinterbliebene Ehegatte die Hälfte des Nachlasses und die andere Hälfte geht an die Erben zweiter Ordnung. Bei bis zu zwei Kindern erben Ehegatte und Nachkommen jeweils zu gleichen Teilen. Bei einem Kind wäre dies die Hälfte, bei zwei Kindern ein Drittel. Ab dem dritten Kind steht dem Ehegatten ein Viertel des Nachlasses zu, den verbleibenden Nachlass erhalten die Kinder zu gleichen Teilen. Bei drei Kindern wäre dies jeweils ein Viertel.

• Gütergemeinschaft

Bestand der Güterstand der Gütergemeinschaft, erhält der Ehegatte ein Viertel des Nachlasses, der Rest geht zu gleichen Teilen an die Kinder. War die Ehe kinderlos, erhält der Ehegatte die Hälfte, die andere Hälfte steht den Erben zweiter Ordnung zu.

Erbfolge ohne Testament – wie viel erhalten die Verwandten jeweils?

Die Erbquote der Angehörigen fällt generell umso höher aus, je enger sie mit dem Erblasser verwandt waren. Dabei spielt auch die Familienkonstellation eine wichtige Rolle: So ist der jeweilige Erbteil in Großfamilien in der Regel geringer, da die Wahrscheinlichkeit dann steigt, dass mehrere Erben zum Zuge kommen. Auch der Güterstand des Erblassers spielt eine Rolle, falls er verheiratet war.

Ein Beispiel: Hinterlässt ein Erblasser Ehefrau und ein Kind und hatte sich das Ehepaar auf Gütertrennung geeinigt, erhalten Ehegattin und Kind jeweils die Hälfte. Hätte das Ehepaar vier Kinder gehabt, würde der Ehefrau nur noch ein Viertel des Nachlasses zustehen und die Kinder würden jeweils 18,75 Prozent des Nachlasses erhalten. Bei Zugewinngemeinschaft hingegen würde sie die Hälfte erhalten, den Kindern stünden jeweils lediglich 12,5 Prozent des Nachlasses zu. 

Was gilt bei der Erbfolge ohne Testament, wenn der Erblasser in Scheidung gelebt hat?

Lebte der oder die Verstorbene in Scheidung, kommt es auf die genaueren Umstände an, ob der ehemalige Partner erbt oder nicht. Keinen Anspruch hat der Ex-Partner, wenn...

  • ...dieser die Scheidung eingereicht und der Verstorbene vor seinem Tod zugestimmt hat.
  • ...die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen.

Treffen diese Bedingungen nicht zu, erbt der Ex-Partner in dem Umfang, der bei intakter Ehe gelten würde. 

Wie ändert sich die Erbfolge ohne Testament, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt?

§ 1942 Absatz 1 BGB sieht vor, dass Erben sich auch für die Erbausschlagung entscheiden können und ihre Erbe damit nicht annehmen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn der Nachlass überschuldet ist. Gemäß § 1953 Absatz 2 BGB führt die Ausschlagung des Erbes dazu, dass anstelle dieser Person der rangnächste Angehörige in die Erbfolge eintritt. Es gilt somit die gesetzliche Erbfolge, die zustande käme, wenn diese Person bereits verstorben wäre.

Wichtig zu wissen: Aufgrund dieser Sachlage kann es passieren, dass eine vom Erblasser gewünschte Konstellation bezüglich des Nachlasses verfehlt wird. Ein Beispiel: Geht ein Ehepaar davon aus, dass die Kinder beim Tod des ersten Elternteils ihr Erbe ausschlagen, wird der zweite Elternteils keineswegs wie erhofft Alleinerbe. Vielmehr rücken dann die Eltern des Erblassers in die Erbfolge ein – und es entsteht eine oftmals streitbehaftete Erbengemeinschaft.

Tipp: Weitere Informationen zu dieser Erben-Zwangsgemeinschaft haben wir in diversen Beiträgen zu den Themenbereichen „Erbengemeinschaft“ und „Erbengemeinschaft – Rechte und Pflichten“ für Sie zusammengestellt.

Was passiert, wenn kein Testament vorliegt und es keinen gesetzlichen Erben gibt?

Gemäß § 1936 BGB fällt der Nachlass an den Staat, wenn kein Testament vorliegt und es keinen lebenden Erben laut gesetzlicher Erbfolge gibt. Gesetzlicher Erbe wird dann der Fiskus – genauer gesagt das Bundesland, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. 

Was ist im Erbfall ohne Testament zu tun?

Hat der Erblasser kein Testament verfasst, müssen die Hinterbliebenen ihre Stellung als Erben belegen können. Hierfür müssen die gesetzlichen Erben beispielsweise Geburts- und Heiratsurkunden vorlegen oder gegebenenfalls Abschriften beim zuständigen Standesamt anfordern. In der Regel benötigen die Erben auch einen Erbschein, der beim Notar oder dem zuständigen Nachlassgericht beantragt wird. Er ist für Grundstücksgeschäfte und teilweise für den Zugriff auf Bankkonten erforderlich.

Vorsicht! Wer einen Erbschein beantragt, nimmt damit automatisch sein Erbe an. Erben sollen daher zunächst den Nachlass überprüfen und feststellen, inwieweit der Erblasser Schulden angehäuft hat, bevor sie dieses Dokument beantragen. 

Fazit

Im Erbfall ohne Testament entsteht häufig eine Erbengemeinschaft, was vielfach Probleme für die Miterben mit sich bringt. 

Gibt es Streit in der Erbengemeinschaft, kann jeder Miterbe seinen Anteil verkaufen.

Das Deutsche Erbenzentrum führt keine Rechtsberatung durch. Gerne helfen wir Ihnen aber bei der Suche nach einem Rechtsanwalt.

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