Erbfolge mit Testament

Niemand ist gezwungen, ein Testament oder einen Erbvertrag zu verfassen. Wer sich dafür entscheidet, kann über die gewillkürte Erbfolge dafür sorgen, seine Vorstellungen von der Verteilung des Nachlasses umzusetzen. Wir zeigen, wann dies vorteilhaft sein kann und was Erblasser über die Erbfolge mit Testament wissen sollten.

Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet „gewillkürte Erbfolge“?

Das deutsche Erbrecht sieht gemäß § 1937 BGB grundsätzlich die Testierfreiheit vor. Eine Verpflichtung zur Errichtung eines Testaments oder zum Abschluss eines Erbvertrags gibt es nicht. Das bedeutet: jeder kann ein Testament errichten oder einen notariellen Erbvertrag aufsetzen und darin Anordnungen zur Aufteilung seines Nachlasses treffen – sei es, um bestimmte Personen zu enterben oder um festzulegen, dass ein anderer mehr erbt als laut gesetzlicher Erbfolge vorgesehen ist. Das können auch Personen sein, die das Erbrecht nicht als Erben vorsieht – beispielsweise Freunde oder Nachbarn. Sobald eine solche letztwillige Verfügung vorliegt, hat die so genannte gewillkürte Erbfolge Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge, die in den §§ 1924 ff. BGB festgeschrieben ist. Sie regelt zum einen das gesetzliche Ehegattenerbrecht und zum anderen das Verwandtenerbrecht. 

Tipp: Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, ein Testament aufzusetzen, sollten Sie sich zunächst generell mit dem Thema Erbfolge befassen. Einen Überblick bietet unser Beitrag „Erbfolge“, detaillierte Informationen zur Erbfolge ohne Testament finden Sie im Beitrag „gesetzliche Erbfolge“.

Ein Beispiel für die gewillkürte Erbfolge: Eine Witwe ist mit ihren beiden Kindern zerstritten, die in der Nachbarschaft wohnende Enkelin kümmert sich um die alte Dame und übernimmt beispielsweise die Einkäufe. Die Witwe setzt deshalb ein Testament auf, in dem sie ihre Kinder enterbt und die Enkeltochter als Alleinerbin einsetzt. Damit ist die Enkelin Erbin geworden, nicht wie bei gesetzlicher Erbfolge vorgesehen die Kinder. Die Kinder der Erblasserin haben allerdings einen Pflichtteilsanspruch und können ihren Pflichtteil in Höhe von jeweils einem Viertel des Nachlasses einfordern. Denn: Gemäß gesetzlicher Erbfolge würden sie jeweils die Hälfte des Nachlasses erben, während die Enkelin nur dann Alleinerbin werden würde, wenn beide Kinder bereits verstorben wären. Ganz umgehen kann die Erblasserin die Regelungen der gesetzlichen Erbfolge also nicht – aber zumindest kann sie ihrem Enkelkind die Hälfte des Nachlasses zukommen lassen.

Tipp: Weitere Informationen rund um den Pflichtteil finden Sie in unseren Beiträgen zum Thema „Pflichtteil Erbe“.

Welche Vorgaben gelten für die Erbfolge durch Testament?

Damit die gewillkürte Erbfolge auch ihre Wirkung entfalten kann, muss das Testament wirksam sein. Das ist unter folgenden Voraussetzungen der Fall:

  • Das Testament muss die Formvorgaben erfüllen. Diese beinhalten, dass das Testament entweder vom Notar erstellt oder vom Testierenden vollständig handschriftlich unter Angabe des vollen Namens, Zeit und Ort verfasst wurde. Die Unterschrift unter ein mit Computer geschriebenes Testament reicht hierfür also nicht aus. Wichtig: Setzen Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament wie etwa ein Berliner Testament auf, müssen beide unterschreiben.
  • Der Erblasser muss zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierfähig sein. Sprich: Er muss im Besitz seiner geistigen Kräfte sein und erfassen können, was es mit dem Testament und den daraus resultierenden Folgen auf sich hat.
  • Der Testierende muss mindestens 16 Jahre für ein öffentliches oder notarielles Testament, und über 18 Jahre für ein eigenhändig verfasstes Testament sein.

Tipp: Ist mindestens eine dieser Vorgaben nicht erfüllt, ist das Testament unwirksam, wodurch wieder die gesetzliche Erbfolge greift. Daher ist es wichtig, auf eine korrekte Form zu achten. Ein Fachanwalt für Erbrecht oder Notar kann helfen, ein wirksames Testament aufzusetzen.

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn wir Ihnen einen geeigneten Anwalt empfehlen sollen.

Wann ist ein Testament oder Erbvertrag sinnvoll?

Gerade, wenn es um ein umfangreicheres Vermögen mit einer oder mehreren Immobilien oder anderen nicht teilbaren Wertgegenständen geht, kann den Hinterbliebenen mit dem Errichten eines umsichtig gestalteten Testaments oder Erbvertrags viel Ärger erspart werden. Möglich ist dies beispielsweise, indem...

  • ...das Entstehen einer Erbengemeinschaft verhindert wird. So können Ehegatten beispielsweise ein Berliner Testament errichten, sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen und Pflichtteilsstrafklauseln vorsehen.
  • ...bestimmte Nachlassgegenstände im Rahmen eines Vermächtnisses übertragen werden.
  • ...Erben durch Auflagen beschwert werden (Beispiel: Wohnungsrecht oder Nießbrauch)
  • ...eine kluge Nachfolgeregelung festgelegt wird, wenn es um einen Familienbetrieb geht.
  • ...Testamentsvollstreckung angeordnet wird.
  • ...Teilungsanordnungen oder ein Teilungsverbot bestimmt werden.

Regelungen zum Nachlass lassen sich auch im Rahmen eines Erbvertrags festlegen, der notariell beurkundet werden muss. Dieser bietet sich beispielsweise bei unverheirateten Paaren an, die auf diesem Wege eine gemeinsame Regelung treffen können. Denn anders als Ehegatten können sie kein gemeinschaftliches Testament errichten.

Tipp: Sie sind Miterbe und der Erblasser hat sich nicht vorab um Schadensbegrenzung beim Erbfall bemüht? Was Sie dann tun können und beachten sollten, erfahren Sie in unseren Themenbereichen „Erbengemeinschaft auflösen“ und „Erbteil verkaufen“. 

Pflichtteil und Testament – wie hängt beides zusammen?

Grundsätzlich hat die im Testament festgelegte gewillkürte Erbfolge Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge. Allerdings ist die gesetzliche Erbfolge dann zu beachten, wenn Pflichtteilsberechtigte enterbt wurden und diese ihren Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 BGB geltend machen. Dann beläuft sich der jeweilige Pflichtteil auf die Hälfte dessen, was dieser Person gemäß gesetzlicher Erbfolge als Erbteil zustehen würde. Das hat zur Folge, dass – je nach Familienkonstellation – die Eltern, der Ehegatte oder die Nachkommen des Erblassers trotz Enterbung einen Teil des Nachlasses erhalten.

Tipp: Erfahren Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteilsanspruch, unter welchen Voraussetzungen und von welcher Personengruppe dieser geltend gemacht werden kann. Auch können Sie Ihren Pflichtteilsanspruch verkaufen.

Wann können Erblasser die gesetzliche Erbfolge komplett umgehen?

Es gibt eine Regelung, die es Erblassern ermöglicht, die gesetzliche Erbfolge vollständig zu umgehen. So sieht § 2333 BGB vor, dass Erblasser in besonders schwerwiegenden Fällen den Pflichtteil entziehen können und die “enterbten” Abkömmlinge folglich komplett leer ausgehen. Dies gilt, sofern der Abkömmling, der Ehegatte oder der Elternteil...

  • ...dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet.
  • ...sich eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht hat.
  • ...zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde aufgrund einer vorsätzlichen Straftat, die gegen den Erblasser oder eine der oben genannten Personen gerichtet war. Gleiches gilt bei der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik aufgrund solcher Taten.
  • ...die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt hat.

Der Grund: Der Gesetzgeber sieht es in diesen Fällen als unzumutbar für den Erblasser an, trotzdem noch einen Pflichtteil hinterlassen zu müssen.

Achtung! Damit die betreffende Person keinen Pflichtteilsanspruch mehr geltend machen kann, muss dies jedoch ausdrücklich erwähnt und auch begründet werden. Anderenfalls greifen wieder die Vorgaben zu gesetzlicher Erbfolge und Pflichtteil.

Wann verjährt der Anspruch auf den im Testament genannten Erbteil?

Die Anordnungen des Erblassers im Rahmen der gewillkürten Erbfolge verjähren gemäß § 197 Absatz 2 BGB 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers. Konkret: Den Erben bleiben 30 Jahre Zeit, ihre Ansprüche auf den Erbteil geltend zu machen – doch die Frist verlängert sich nicht, wenn sie erst Jahre oder gar Jahrzehnte später von ihrem Erbanspruch erfahren. 

Können sich Erben der gewillkürten Erbfolge entziehen?

Nicht immer ist es für die Hinterbliebenen ein Segen, vom Verstorbenen mit einem Erbteil bedacht zu werden. Erweist sich der Nachlass beispielsweise als hoffnungslos überschuldet, wäre das Erbe eher eine Last. Das Erbrecht sieht deshalb gemäß § 1944 Absatz 1 BGB vor, dass innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls die Erbausschlagung möglich ist.

Die Folge einer Erbausschlagung: Der Erbteil geht gemäß § 1953 Absatz 2 BGB auf den Erben über, der ihn erhalten würde, wenn der Ausschlagende nicht gelebt hätte. Ein Beispiel: Entscheidet sich das einzige Kind ohne eigene Kinder eines allein lebenden Erblassers für die Erbausschlagung, treten die Eltern des Verstorbenen in die Erbfolge ein. Leben diese nicht mehr, fällt der Erbteil den Geschwistern des Erblassers zu. 

Wie wirkt sich Erbunwürdigkeit eines Erben auf die gewillkürte Erbfolge aus?

§ 2339 BGB sieht vor, dass eine Person ihren Erbanspruch in bestimmten schwerwiegenden Fällen verwirkt und sie sich damit als „erbunwürdig“ erweist. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie pflichtteilsberechtigt ist oder nicht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sie...

  • ...den Erblasser getäuscht oder ihm gedroht hat und er deshalb ein Testament errichtet oder widerruft.
  • ...den Erblasser beim Erstellen des Testaments mutwillig behindert hat.
  • ...den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder dies versucht hat, infolgedessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben. Gleiches gilt, wenn sie den Erblasser so schwer verletzt hat, dass dieser nicht mehr in der Lage ist, ein Testament zu verfassen, abzuändern oder aufzuheben.
  • ...das Testament gefälscht hat.

Gelingt es den Miterben, die Erbwürdigkeit der Person erfolgreich mittels einer Erbunwürdigkeitsklage anzufechten, so gilt das Erbe als nicht auf die erbunwürdige Person übergegangen, und steht demjenigen zu, der berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Wie sich dies auf die Erben und die Erbquote auswirkt, ergibt sich aus der gesetzlichen Erbfolge.

Ein Beispiel: Ein Ehemann hinterlässt Frau und Sohn, es galt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Sohn hat Belege dafür, dass die Mutter erbunwürdig sein könnte und reicht Erbunwürdigkeitsklage ein. Er gewinnt den Rechtsstreit – mit der Folge, dass er sich den Nachlass nicht mehr je zur Hälfte mit der Mutter teilen muss, sondern Alleinerbe wird. 

Fazit

Für Erblasser bietet die gewillkürte Erbfolge die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zur Aufteilung der Erbschaft umzusetzen. 

Führt dies dennoch zu Streit in der Erbengemeinschaft, bietet der Erbteilsverkauf eine zeitnahe Ausstiegsmöglichkeit ohne Kosten. 

Das Deutsche Erbenzentrum führt keine Rechtsberatung durch. Gerne helfen wir Ihnen aber bei der Suche nach einem Rechtsanwalt.

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