Erbengemeinschaft als Vermieter

Gehören vermietete Immobilien zum Nachlass, tritt die Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolger des Verstorbenen in den Mietvertrag ein. Was müssen die Miterben beachten, um welche Art der Verwaltung handelt es sich bei der Vermietung? Wir haben die Antworten auf diese und weitere Fragen für Sie zusammengestellt. 

Inhaltsverzeichnis

Kauf bricht nicht Miete

„Kauf bricht nicht Miete“ – dieser Rechtsgrundsatz des § 566 BGB gilt auch für den Erbfall. Somit übernehmen die Erben den Mietvertrag des Verstorbenen und werden aufgrund der Konstruktion der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft gemeinsam zum Vermieter. Die Besonderheit: Bereits mit dem Erbfall werden die Miterben zum Vermieter, nicht erst mit dem Eintrag der Erbengemeinschaft im Grundbuch. Entscheiden sich die Miterben einstimmig für den Verkauf der vermieteten Immobilie, tritt der Erwerber in den Vertrag ein, ebenso wenn ein Miterbe seinen Erbteil verkauft.

Selbstverständlich kann eine Erbengemeinschaft auch die Vermietung einer geerbten unbewohnten Immobilie beschließen oder bei Kündigung des Mieters einer geerbten Wohnung neu vermieten. Dann müssen alle Miterben im Mietvertrag genannt werden, denn es reicht nicht aus, lediglich den Begriff „Erbengemeinschaft“ zu nennen. Zudem müssen alle Erben unterschreiben. 

Was passiert mit vermieteten Immobilien im Erbfall?

Vielfach gehört das Eigenheim des Verstorbenen zum Nachlass, oftmals haben Erblasser aber auch zu Lebzeiten Immobilien vermietet. Ist die Immobilie des Erblassers vermietet, wird die Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolger des Erblassers im Rahmen der sogenannten Universalsukzession gemäß § 1922 BGB automatisch zum Vermieter des Objekts. Der Mieter schuldet die Miete der Erbengemeinschaft und er muss über die neue Rechtslage informiert werden. 

Kann die Erbengemeinschaft den Mietvertrag einfach kündigen?

Der Mietvertrag bleibt trotz des Erbfalls bestehen, ein Sonderkündigungsrecht aufgrund des Erbfalls sieht das deutsche Mietrecht nicht vor. Generell gelten jedoch die üblichen Vorgaben des Wohnraummietrechts gemäß § 549 ff. BGB. Diese sehen lediglich in zwei Fällen einen ordnungsgemäßen Kündigungsgrund seitens der Erbengemeinschaft (unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist) vor, nämlich bei Eigenbedarf des Miterben und bei der Außerordentlichen und der Verwertungskündigung.

• Eigenbedarf eines Miterben

Gemäß § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs möglich. Bei Nachlassimmobilien gilt dies, sobald ein Miterbe diesen nachweisen kann. Dieser kann die Eigenbedarfskündigung allerdings nur aussprechen, wenn ein Mehrheitsbeschluss hierfür zustande kommt. Er ist also darauf angewiesen, dass die Mehrheit der Miterben mitzieht.

• Verwertungskündigung

Mit einer vermieteten Immobilie lässt sich eventuell ein geringerer Verkaufserlös erzielen als mit einer nicht vermieteten. Unter Umständen kann die Erbengemeinschaft sich auf § 573 Absatz 2 Nr. 3 BGB und ein berechtigtes Interesse an der Kündigung berufen.

Außerordentliche Kündigung

Bei rechtswidrigem Verhalten des Mieters käme zudem noch die außerordentliche und damit fristlose Kündigung gemäß § 543 BGB in Betracht. Ein solcher Fall läge beispielsweise vor, wenn der Mieter mit den Mietzahlungen erheblich im Rückstand ist. 

Was ist bei einer Kündigung des Mietvertrags durch die Erbengemeinschaft zu beachten?

Ob außerordentliche oder ordnungsgemäße Kündigung seitens der Miterben: Sie müssen die Kündigung bei einem Mietverhältnis über Wohnraum gemäß § 568 BGB schriftlich mitteilen und dabei diverse Formvorgaben beachten, damit diese wirksam ist. So müssen alle Miterben diese auch unterschreiben. Alternativ kann die Erbengemeinschaft auch einen Miterben bevollmächtigen. Dann sind die Vollmachten dem Kündigungsschreiben beizulegen. 

Mit welcher Mehrheit können Mietverträge geschlossen und gekündigt werden?

Die Vermietung einer Nachlassimmobilie sowie die Kündigung gehören streng genommen zu den Maßnahmen, die unter die außerordentliche Verwaltung fallen. Daher wäre bei jeder Beschlussfassung der Erbengemeinschaft rund um die Vermietung stets Einstimmigkeit erforderlich. Allerdings ist die Rechtsprechung überwiegend dazu übergegangen, diese Maßnahmen als ordnungsgemäße Verwaltung einzustufen, bei der ein Mehrheitsbeschluss ausreicht. Das belegt ein richtungsweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2009 (AZ: XII ZR 210/05).

Tipp: Weitere Informationen zur Nachlassverwaltung finden Sie in unserem Beitrag „Ordnungsgemäße Verwaltung“. 

Mit welcher Mehrheit können vermietete Immobilien von der Erbengemeinschaft verkauft werden?

Handelt es sich nicht um einen Nachlass, der zahlreiche Häuser oder Wohnungen umfasst, gilt der Verkauf einer vermieteten Immobilie als Verfügung, die den Nachlass erheblich tangiert. Damit fällt der Verkauf unter die außerordentliche Verwaltung, die Einstimmigkeit aller Miterben voraussetzt. Lediglich über eine für alle Beteiligten ungünstige Teilungsversteigerung ließe sich der Verkauf trotzdem erzwingen.

Geht es hingegen um einen sehr umfangreichen Nachlass, wäre der Verkauf einer vermieteten Immobilie auch mit Mehrheitsbeschluss möglich, da es sich dann um eine Maßnahme im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt.

Tipp: Sie sind Miterbe einer vermieteten Wohnung und bevorzugen im Gegensatz zu Ihren Miterben den Verkauf gegenüber der Vermietung? Dann bietet der Erbteilsverkauf Ihnen eine im Vergleich zur Teilungsversteigerung vorteilhaftere Möglichkeit. Mehr dazu erfahren Sie in unseren Beiträgen zum Thema „Erbteil verkaufen“. 

Wann und wie werden die Mieteinnahmen auf die Miterben verteilt?

Die Mieteinnahmen werden im deutschen Erbrecht in § 2038 Absatz 2 Satz 2 BGB auch als „Früchte“ des Nachlasses bezeichnet. Auf diese haben alle Miterben gemäß ihrer Erbquote Anspruch, allerdings zählen sie zunächst einmal zum Nachlassvermögen, das gemäß der Konzeption der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft allen gemeinsam gehört.

Daraus folgt, dass die Mieteinnahmen in der Regel erst nach der Erbauseinandersetzung an die Miterben ausgezahlt werden. Dies kann sich für einzelne Miterben durchaus als problematisch erweisen, wenn das liquide Nachlassvermögen nicht ausreicht, um diese Maßnahmen zu bezahlen. Dann müssen sie zunächst aus eigenen Mitteln finanzieren, erhalten aber noch keine anteiligen Mieteinnahmen. Auch hier ist der Verkauf des Erbteils ein guter Ausweg.

Was ist bei der Vermietung einer Nachlassimmobilie an Miterben zu beachten?

Generell ist es auch möglich, dass einer der Miterben ein Mietverhältnis mit den anderen Erben eingeht. Handelt es sich dann um einen Mietvertrag unter Angehörigen, müssen die steuerlichen Vorgaben beachtet werden. Andernfalls entfallen die Steuervorteile bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. 

Fazit

Gehört eine vermietete Immobilie zum Nachlass, lässt sich der Mietvertrag nicht einfach aufgrund des Erbfalls kündigen. Die Erben werden somit automatisch zum Vermieter und müssen sich dementsprechend um das gemeinsame Haus kümmern – ein häufiger Anlass für Streit unter den Miterben. Ein Verkauf der vermieteten Immobilie ist nur möglich, wenn alle Miterben sich dafür aussprechen. Lediglich über die in der Regel nicht einfache Teilungsversteigerung oder den Erbteilsverkauf können Miterben erreichen, dass sie nicht weiterhin als Co-Vermieter tätig sein müssen. 

Das Deutsche Erbenzentrum führt keine Rechtsberatung durch. Gerne helfen wir Ihnen aber bei der Suche nach einem Rechtsanwalt.

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